Stellt sich bei einer Reparatur nach Verkehrsunfall nachträglich heraus, dass die Reparaturkosten tatsächlich oberhalb der 130% Grenze liegen, muss sich der Geschädigte nicht notwendigerweise auf eine Totalschadensberechnung verweisen lassen (Urteil des LG Stuttgart vom 09.12.2011, AZ: 10 O 134/11). Im vorliegenden Fall hatte der Gutachter Reparaturkosten ermittelt, die noch knapp im Toleranzbereich, bis zu 30% über dem ermittelten Wiederbeschaffungswert lagen. Als der Geschädigte den Pkw reparieren ließ, stellte sich heraus, dass weitaus mehr Beschädigungen als angenommen vorlagen, weswegen eigentlich nur ein Totalschaden (Wiederbeschaffungswert abzüglich des Restwerts) gegeben war. Das Gericht urteilte jedoch, dass der Geschädigte Anspruch auf Schadensersatz in Höhe der vollen Reparaturkosten hat, auch wenn diese wirtschaftlich unvernünftig ist, und sich nicht auf eine Abrechnung auf Totalschadensbasis verweisen lassen muss. Hintergrund ist, dass der Schädiger insoweit auch das Prognoserisiko der wirtschaftlichen Maßnahme trägt. Etwas anderes gilt nur, wenn es sich um eine offensichtliche falsche Beurteilung des Gutachters handelt oder den Geschädigten bei der Auswahl des Gutachters ein Verschulden trifft.
Kategorie: Verkehrsrecht